Dienstag, 9. Juli 2013 – Sonntag, 14. Juli 2013

IOIC @ Pod'Ring 2013

Pod'Ring Festival, Biel
www.podring.ch

Femmes Fatales

Das Institut für incohärente Cinematographie hat sich diese Saison ganz der Weiblichkeit im Stummfilm verschrieben. Die Annäherung an dieses schillernde und facettenreiche Thema geschieht aus mehreren Richtungen. Nicht nur die zentralen Figuren vor der Kamera wie die Femme Fatale, der Vamp, die Diva, die Naive, das It-Girl, die Flappers, sondern auch die bedeutenden Frauen hinter der Kamera, also in Regie und Produktion kommen zum Zuge. Am pod’ring zeigt das IOIC nun fünf Filme von und mit fünf Schlüsselfiguren der Weiblichkeit im Stummfilm. Alle Filme werden mit neuen Live-Vertonungen gezeigt.

Dienstag, 9. Juli 2013

22:45

Feldermelder (Live-Elektronik), Grégoire Quartier (Schlagzeug)

Asta Nielsen: Afgrunden

„Afgrunden” ist die Geschichte einer jungen Frau, die ihren Verlobten für einen Zirkuskünstler verlässt. In der Folge schafft sie es jedoch trotz dem erotischsten Tanz der frühen Filmegeschichte nicht, ihn vom Flirten mit anderen Schönheiten abzuhalten. Der erste Film des dänischen Theaterregisseurs Urban Gad wurde ein weltweiter Erfolg und machte Asta Nielsen schlagartig weit über die Grenzen Dänemarks hinaus bekannt.

Mit analogen Synthesizern und digitalem Equipment bewaffnet, erschafft Feldermelder sich ausweitende Klanguniverse, in denen sich Rhythmus, Einfachheit und Komplexität elastisch ineinander verschränken. Den vertrackten Melodieschnipseln und sich vielfach überlagernden Klangflächen gibt auf der Bühne der Drummer Grégoire Quartier den mal schleppenden, mal zappeligen Takt vor.

Mittwoch, 10. Juli 2013

22:30

Nicole Johänntgen (Sopransaxophon, Altsaxophon), Malcolm Braff (Piano), Mani Neumeier (Schlagzeug)

Lois Weber: Hypocrites

Nur dank der makellosen Reputation und dem hohen Ansehen, das die bedeutendste Autorin der frühen Filmgeschichte genoss, schaffte es Lois Webers „Hypocrites” im Jahre 1915 durch die Zensur. Niemand anderes hätte es sich erlauben können, einen Film über einen mittelalterlichen Asketen zu zeigen, dessen spirituelle Suche nach der Wahrheit letztendlich in einer in Stein gemeisselten nackten Frau gipfelt. Dennoch war der Skandal gross: Die nackte Wahrheit ist nicht jedem zumutbar.

Für die Vertonung dieses auch formal bahnbrechenden Filmes stehen die leidenschaftliche Saxophonistin Nicole Johänntgen, der virtuose Pianist Malcolm Braff und der legendäre Schlagzeuger Mani Neumeier erstmals gemeinsam als Trio auf der Bühne. Es darf gespannt sein, wie sie Lois Webers Film begegnen werden.

Donnerstag, 11. Juli 2013

19:00

FELL (toktek / Simon Berz) (Bass, Schlagzeug, Live-Elektronik, DIY-Instrumente)

Germaine Dulac: La Coquille et le Clergyman

Der zeitgenössische Befund der britischen Zensurbehörde über das erste surrealistische Werk der Filmgeschichte spricht Bände: Der Film entbehre jeglichen Sinnes, wenn er jedoch einen Sinn habe, dann sei dieser zweifelsohne anstössig. Auch wenn diese Feststellung dem Film sicherlich nicht gerecht wird, erfasst er doch ein zentrales Moment. Die erotischen Halluzinationen eines Geistlichen und das gleitende Spiel der trügerischen Oberflächen zielen stets auf etwas darunter oder dahinter Liegendes, das Unbewusste.

Vertont wird dieses visuelle Meisterwerk vom Duo FELL. Der Holländer toktek ist ein Virtuose der Kunst des Sampling. Aus musikalischen Objets trouvés zaubert er Sounds, die er mittels Controller bedient, um seine Zuhörer in ein elektronisches Wunderland zu entführen. Der Schlagzeuger Simon Berz wiederum hat neue Wege gefunden, mit seinem Drum Set zu kommunizieren. Anhand von selbstgebauten analogen elektronischen Geräten schafft er es, dass sein Drum Set Feedback erzeugt und sich mit ihm austauscht. 

Freitag, 12. Juli 2013

22:30

Tim & Puma Mimi (Live-Elektronik, Stimme), Knor (Live-Elektronik, Schlagzeug)

Alla Nazimova: Salomé

Gleich einer Operndiva oder berühmten Tänzerin liess Alla Nazimova ihren Vornamen bereits zu Lebzeiten weg und zeichnete in der Adaption von Oscar Wildes Theaterstück «Salomé» als Nazimova tout court. Sie lieferte die Idee für den Film, den sie zugleich produzierte und teilweise finanzierte, da der Druck auf die Produktionsgesellschaft immer grösser wurde. Die Moralapostel sahen darin ein dekadentes und gefährliches Werk, vor dem das Publikum um jeden Preis zu bewahren sei. Der Film wurde erst mehrere Jahre nach seiner Fertigstellung aufgeführt, fand allerdings keinen Anklang und sollte die letzte Produktion der freizügigen exotischen Russin bleiben.

Das Elektro-Pop-Duo Tim & Puma Mimi und der Schlagzeuger Knor liefern die Vertonung zum Film. Das Trio erzeugt eine groovigen Sound aus scharfen Querflötenklängen, japanischem Gesang, musizierendem Gemüse, klingender Elektronik und rollenden Beats, der sich jenseits geläufiger Klangmuster abspielt und ein opulentes Gegenstück zum Film bildet. 

Samstag, 13. Juli 2013

23:45

Mara Miccichè aka Iokoi (Stimme, Elektronik)

Lyda Borelli: Rapsodia Satanica

Die greise Aristokratin Alba d´Oltrevita sehnt sich nach ihrer verlorenen Jugend und schliesst einen Pakt mit dem Teufel: Wenn sie auf die Liebe verzichtet, erhält sie von Mephisto ewige Schönheit. Zwei Brüder umwerben Alba. Den leidenschaftlichen Sergio weist sie verächtlich zurück, sie will Tristano, Sergios Bruder. Die Tragödie nimmt ihren Lauf, als Sergio sich erschiesst und Alba das erste Mal wieder Reue und Liebe verspürt. Sie ist bereit, dafür Vergänglichkeit anzunehmen. Verschleiert als Braut Tristanos, geht Alba dem Tod entgegen.

Im (n)irgendwo zwischen Schweiz und Italien ist IOKOI zu Hause. Ihre Sensohren weit geöffnet, um die Essenz eines jeden Impulses einzufangen und die daraus entstehenden Gedanken in Klangbilder zu verweben; mal alleine, mal begleitet. Stets im Spiel zwischen Weite und Intimität, Organik und Elektronik, Puls und Atem, Bild und Klang. Am pod’ring tritt sie mit ihren beiden treuen Wegbegleitern James Varghese am E-Bass und Alessandro Giannelli am Schlagzeug auf.